Seismische Messungen „Westfälischer Hellweg“ beginnen
19. Sep 2025
Ab dem 15. September erkundet der Geologische Dienst NRW (GD NRW) mit Messfahrzeugen, auch Vibro-Trucks genannt, das geothermische Potenzial im östlichen Ruhrgebiet und entlang des historischen Westfälischen Hellweges. Auch in Salzkotten werden die Vibro-Trucks unterwegs sein.

Die Messungen finden im Rahmen des Masterplans Geothermie NRW statt. Es ist das fünfte Jahr, in dem die auffälligen weißen Messfahrzeuge im Auftrag des Geologischen Dienstes NRW durch Nordrhein-Westfalen rollen. Ziel ist es, Daten über die geologischen Strukturen im Untergrund zu gewinnen.
Im Fokus stehen Kalksteine, denn sie können wassergefüllte Hohlräume aufweisen. „Das macht Kalksteinhorizonte ideal für die geothermische Nutzung, wie aktuell unsere erfolgreiche Forschungsbohrung in Krefeld zeigt“, erklärt Dr. Ulrich Pahlke, Direktor des GD NRW. „Je tiefer die Kalksteine liegen, desto heißer ist das in ihnen enthaltene Wasser. Mithilfe der seismischen Messungen können wir eine Art Ultraschallbild des Untergrundes erstellen und so abschätzen, wo und wie tief potenziell wasserführende Kalksteinschichten liegen.“
Die Nutzung der Geothermie voranzubringen hat für das Land Nordrhein-Westfalen eine hohe Priorität. Im Jahr 2024 hat Wirtschafts- und Klimaschutzministerin Mona Neubaur den Masterplan Geothermie NRW vorgestellt, der ein Maßnahmenpaket beinhaltet, um bis 2045 rund 20 Prozent des Wärmebedarfs in NRW durch Geothermie zu decken.
Ein wichtiger Baustein des Masterplans ist das Explorations- und Bohrprogramm „Geowärme – Wir
erkunden NRW“. Mit seiner Durchführung wurde der GD NRW beauftragt. „Die Seismik-Kampagne Westfälischer Hellweg schließt direkt an die letztjährigen Messungen in Ostwestfalen-Lippe an“, sagt Projektleiter Ingo Schäfer. „So können wir die Daten verknüpfen und systematisch Jahr für Jahr unsere Kenntnisse über den Untergrund unseres Landes erweitern.“
So laufen die Messungen ab
Die Vibro-Trucks senden über hydraulisch absenkbare Rüttelplatten Schallwellen in den Untergrund, die sich bis zu 4.000 Meter in die Tiefe ausbreiten. Unterschiedliche Gesteinsschichten reflektieren diese Signale. Spezielle Mikrofone (Geophone) erfassen an der Oberfläche die reflektierten Wellen. Drei Vibro-Trucks fahren im Konvoi, halten alle 30 Meter an und vibrieren bis zu 3 Minuten. So kommt der Messtrupp nur langsam voran, wodurch es lokal zu kurzen Verkehrsbehinderungen kommen kann. Die Vibrationen der Rüttelplatten sind in unmittelbarer Nähe der Fahrzeuge spürbar. Mit den Motoren- und Kompressorgeräuschen kündigt sich der Konvoi schon mehrere hundert Meter vorher an.
Messung in Salzkotten
Ab dem 15. September starten in Wülfrath und Paderborn zwei Messtrupps, die sich dann aufeinander zu bewegen. In Salzkotten werden sie voraussichtlich ab dem 22. September eintreffen – je nachdem, wie die Messungen voranschreiten. Gemessen wird an der Geseker Straße, B1 und der Paderborner Straße.
In Absprache mit den Kommunen wird auf Teilstrecken an sechs Tagen die Woche zwischen 20 Uhr und 6 Uhr gemessen, um einerseits übermäßige Verkehrsbehinderungen zu vermeiden und andererseits nicht zu viel störende Fremdvibrationen, beispielsweise von vorbeifahrenden LKWs, über die Geophone aufzunehmen. In der Nacht von Samstag auf Sonntag finden keine Messungen statt. „Wir bitten die Anwohnerinnen und Anwohner um Verständnis für mögliche Störungen“, sagt Schäfer. „Sie werden uns insgesamt maximal ein bis zwei Stunden hören und dann sind wir wieder weg.“ Die Messrouten wurden unter besonderer Berücksichtigung von Sicherheit, Schutz sensibler Infrastruktur, Umwelt- und Denkmalschutz geplant. Zusätzlich überwacht ein Team mit speziellen Messgeräten, dass die zulässigen Schwingungswerte für Gebäude zu keinem Zeitpunkt überschritten werden.
Planungsgrundlagen für Kommunen und Stadtwerke
Die gewonnenen Daten stehen der Öffentlichkeit nach der Auswertung frei zur Verfügung, beispielsweise für die kommunale Wärmeplanung, aber auch für Energieversorger, Industrie und Landwirtschaft. Seismische Messungen fanden schon 2021 bis 2023 im Münsterland, im Rheinland und am Niederrhein statt. Dort bauen die Städte bereits auf den Daten auf und realisieren eigene Geothermieprojekte.
Informationsangebote für die Öffentlichkeit
Live und zum Anfassen gibt es die Vibro-Trucks am 20. September in Dortmund im Rahmen der diesjährigen Museumsnacht und am 23. September beim Wochenmarkt auf dem Friedrich-Ebert-Platz in Hagen.
Umfassende Informationen zum Projekt stellt der GD NRW außerdem auf der Webseite www.geowaerme.nrw.de zur Verfügung. Ergänzend liefern die Social-Media-Kanäle unter @geowaermenrw wöchentliche Updates zu den Messstrecken, Informationen zu Technik und Hintergründen und aktuelle Impressionen von der Strecke.
Hintergrundwissen: Hydrothermale Geothermie
Die hydrothermale Geothermie nutzt heißes Tiefenwasser, das durch eine Förderbohrung an die Oberfläche gepumpt wird. Dort überträgt es seine Wärme mittels Wärmetauschern beispielsweise an ein Fernwärmenetz, Industriebetriebe oder Gewächshäuser. Das abgekühlte Wasser wird im Anschluss über eine zweite Bohrung vollständig in den ursprünglichen Entnahmehorizont zurückgeführt. Der entscheidende Vorteil: Die lokale Wärme aus der Tiefe steht ganzjährig, witterungsunabhängig und rund um die Uhr zur Verfügung. Sie ist nicht nur preisstabil, sondern auch klimafreundlich und trägt zur Unabhängigkeit von fossilen Energieimporten bei.
